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Part 9 - Norwegen, über das Nordkap bis nach Varanger

Wir erleben das Nordkap bei der Mitternachtssonne am 23.05.2025
Mitternacht am Nordkap

Nach einem kurzen Spaziergang am Morgen entlang der Küstenlandschaft verlassen wir das Naturreservat Skibotnutløpet und folgen der E6 bis nach Birtavarre. Dort biegen wir rechts ab und fahren zur Holmenes sjøsamiske gård.

 

Standort auf Google Maps

 

Die Holmenes sjøsamiske gård ist ein historischer Küsten-Sami-Bauernhof aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, gelegen im Kåfjorddalen bei Birtavarre in Nord-Troms. Da die Gebäude den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden haben, konnten sie restauriert oder originalgetreu rekonstruiert werden. Heute zeigt sich die Anlage im Zustand um 1930 und vermittelt einen authentischen Einblick in das damalige Leben der Küsten-Sami.

 

Vor Ort treffen wir einen Anwohner, der uns gern etwas über die Geschichte des Hofs erzählt – und sich wundert, dass wir so früh im Jahr vorbeikommen. Der letzte Schnee im Tal ist hier erst vor wenigen Wochen geschmolzen.

 

Unser Fazit: Der Abstecher lohnt sich. Wer ihn nicht machen möchte, findet übrigens auch direkt an der E6, gleich nach Birtavarre, einige alte Sami-Häuser – links unterhalb der Straße gelegen.

Zwischenstopp Skjervøy

Weiter geht die Reise in Richtung Skjervøy. Die Straße führt durch das Kåfjorddalen und schlängelt sich anschließend entlang eindrucksvoller Fjorde, bis wir schließlich die Brücke erreichen, die zur Insel führt. Die Lage von Skjervøy – eingerahmt von Bergen und Meer – wirkt beinahe dramatisch, besonders bei wechselhaftem Wetter.

 

Der Ort selbst ist ruhig, fast verschlafen, doch der Hafenbetrieb sorgt für etwas Bewegung. Es gibt eine kleine Auswahl an Geschäften, und alles wirkt angenehm unaufgeregt. Wir steuern einen kleinen See am Ortsrand an und legen dort eine längere Pause ein – denn weiterfahren wollen wir erst am Abend.

 

 

Bevor es weitergeht, folgen wir einem kleinen, noch leicht verschneiten Pfad in Richtung Küste. Er führt bergab direkt zum Wasser, wo auf einem der Felsplateaus eine kleine Beobachtungshütte steht – eigens gebaut, um im Winter die Nordlichter zu beobachten.

 

Eine wundervolle Möglichkeit, dieses einzigartige Naturphänomen geschützt und in aller Ruhe zu erleben. Sogar ein Ofen ist vorhanden – frieren muss hier niemand.

 

Wir haben heute noch ein gutes Stück vor uns und starten schließlich gegen 20:30 Uhr in Richtung Brücke, die uns zurück aufs Festland bringen soll. Doch wir haben die aktuellen Straßenmeldungen nicht beachtet: Die Brücke ist wegen einer Nachtbaustelle gesperrt.

 

Auf Nachfrage erfahren wir, dass sie um 22 Uhr für kurze Zeit geöffnet wird. Die Wartezeit wird uns versüßt – die Sonne bricht für ein paar Minuten durch die Wolken und taucht die Brücke in ein dramatisches Licht. Schöner hätten wir es nicht treffen können..

Nach etwa einer Stunde Fahrt – wir sind bereits wieder auf der E6 unterwegs – stehen wir erneut vor einem Tunnel und müssen rund 30 Minuten warten, bis uns ein Begleitfahrzeug durch eine weitere Nachtbaustelle führt. Danach geht es zügig weiter.

 

Kurz vor Sørstraumen verlassen wir die E6 und biegen ab in Richtung Røykfossen. Über eine gut befahrbare Schotterstraße geht es noch etwa 12 Kilometer weiter, bis wir unseren Parkplatz für die Nacht erreichen. Was wir dabei nicht bedenken: Der Platz ist nicht geräumt. Trotzdem wagen wir es – und haben Glück. Abgesehen von einem kurzen Moment mit durchdrehenden Reifen verläuft alles problemlos, und wir verbringen eine ruhige Nacht.

 

Die kleine Wanderung zu den Wasserfällen müssen wir allerdings auslassen – der gesamte Weg liegt noch tief unter Schnee. Dieses Abenteuer verschieben wir lieber auf ein andermal.

Info: Vom Parkplatz aus führt ein Wanderweg entlang des Navitelva-Flusses zum Røykfossen-Wasserfall. Die Wanderung ist etwa 1,2 Kilometer lang und verläuft größtenteils flach, mit einem kurzen Anstieg am Ende. Der Wasserfall selbst hat eine Fallhöhe von rund 30 Metern und ist besonders während der Schneeschmelze im Frühling beeindruckend.

Eine landschaftlich reizvolle Stecke nach Alta

 Am nächsten Morgen brechen wir auf in Richtung Alta. Zuerst geht es über die Schotterstraße zurück zur E6, die sich weiter durch Täler, an Fjorden entlang und über Hochebenen schlängelt. Immer wieder öffnen sich weite Blicke auf stille Buchten, schneebedeckte Berge und eine scheinbar endlose Tundralandschaft.

 

Bei Langfjordbotn machen wir einen Abstecher zum Oksfjord. Die Fv 882 führt uns entlang des Fjords – eine ruhige, schmale Straße mit fantastischem Blick auf das spiegelglatte Wasser und die umliegenden Berge. Der Oksfjord ist eingerahmt von schneebedeckten Gipfeln und noch winterlichen Uferzonen. Wir halten immer wieder an, um die Szenerie zu genießen – der Blick in den Fjord, kombiniert mit dunklen Wolken, wirkt dramatisch und beeindruckend.

In Øksfjord fahren wir bis ans Ende der Straße, machen eine kurze Pause und treten dann den Rückweg zur E6 an. Diesen Abstecher können wir nur empfehlen – die Landschaft war, zumindest für unser Auge, schlichtweg fantastisch. Ein schöner und ruhiger Umweg.

  

Die E6 bleibt weiterhin gut befahrbar, und so kommen wir zügig voran. Nach und nach wird es entlang der Straße wieder etwas lebendiger – wir erreichen Alta, die größte Stadt der Finnmark, mit ihren bunten Häusern und der modernen Nordlichtkathedrale. Nach einer kurzen Pause auf dem Parkplatz der Kathedrale – auf dem man übrigens auch übernachten könnte – entscheiden wir uns, die Stadt wieder zu verlassen und nur wenige Kilometer weiter auf einer überraschend ruhigen Parkbucht an der E6 zu übernachten.

Wir erreichen das Nordkap bei Mitternachtssonne

Den heutigen Tag starten wir früh. Noch wissen wir nicht, dass wir heute das Nordkap erreichen werden – eigentlich ist unser Ziel die Landschaftsroute westlich zum Nordkap, nach Havøysund. Aber nun erst einmal von vorne.

 

Am 23. Mai – fast sechs Wochen nach Beginn der Reise – brechen wir sehr früh auf. Bereits um 5:30 Uhr verlassen wir unseren Übernachtungsplatz an der E6. Der Wetterbericht verspricht Sonne pur, und wir möchten das frühe Licht unbedingt nutzen.

 

Die Strecke führt uns von Meereshöhe bei Rafsbotn auf bis zu 400 Meter hinauf. Die Straße verläuft durch eine weite, offene Landschaft mit sanften Hügeln, Mooren und kleinen Seen. Die Vegetation besteht hier aus Flechten, Moosen und niedrigen Sträuchern – doch wir sehen davon nur wenig, denn die Landschaft ist noch weitgehend schneebedeckt und die Seen mit einer Eisdecke zugefroren.

 

Das heißt aber nicht, dass es hier außer Schnee nichts zu entdecken gibt. Schon kurz nach dem Aufstieg begegnet uns ein Schneehase, wenig später ein Rotfuchs, den wir eine ganze Weile vom Straßenrand aus beobachten können. Um diese Uhrzeit herrscht selbst auf der E6 kaum Verkehr – ideale Bedingungen für Tierbeobachtungen, selbst wenn wir dafür am Rand der Hauptstraße anhalten müssen. Wir sind fast allein unterwegs.

 

Der Fuchs bewegt sich entlang der Straße, wechselt mehrfach die Seite – stets auf der Suche nach etwas Essbarem. Direkt am Straßenrand ist die Schneedecke bereits abgeschmolzen, seine Chancen stehen hier also nicht schlecht. Nach einer halben Stunde lassen wir ihn in Ruhe weitersuchen und fahren weiter.

 

Auf der Strecke sehen wir auch mehrere Schneehühner, deren Gefieder sich bereits auf den Frühling einstellt: Kopf und Hals sind schon dunkel gefärbt, der Rest noch im weißen Winterkleid.

 

Wir durchqueren eine scheinbar endlose Schneelandschaft, beeindruckend in ihrer Weite und Stille. Nur Stromleitungen, die sich über die Hochebene ziehen, und vereinzelt geparkte Motorschlitten unterbrechen das Bild. Hier oben wechseln die Bewohner je nach Schneelage zwischen Auto und Motorschlitten, um ihre Häuser zu erreichen. Sogar Verkehrsschilder warnen vor kreuzenden Schneemobilen.

 

Bevor wir die Hochebene in Richtung Hammerfest verlassen, legen wir noch eine Frühstückspause ein – mit Blick auf eine weiße, stille Welt, die wirkt, als würde sie nie enden.

 

Gegen 10 Uhr erreichen wir Hammerfest – die nördlichste Stadt der Welt, zumindest wenn man sich an den klassischen Stadtrechten orientiert. Auf dem Camper-Parkplatz im Zentrum finden wir noch einen Platz, sind aber überrascht, wie gut besucht es hier am Morgen schon ist.

 

Hammerfest wirkt überraschend lebendig. Moderne Architektur mischt sich mit älteren Gebäuden, dazwischen Cafés, Supermärkte und der kleine, aber geschäftige Hafen. Wir schlendern gemütlich durch die Straßen und entlang der Uferpromenade mit Blick auf das arktische Meer. Die Meridiansäule, Teil des UNESCO-Welterbes und Erinnerung an die Vermessung des Struve-Bogens, haben wir nicht besucht.

 

Die Pause tut gut – wir genießen ein Eis am Hafen bei strahlendem Sonnenschein und lassen den Ort auf uns wirken. 

 

Gegen 18 Uhr machen wir uns auf den Weg. Zunächst bleiben wir bei unserem ursprünglichen Ziel – die Landschaftsroute nach Havøysund. Doch während der Fahrt prüfen wir nochmals den Wetterbericht und beschließen spontan: Wir fahren zum Nordkap. Das ist das Schöne an unserer Art zu reisen – die Spontanität hat Vorrang vor jedem Plan. Und oft genug hat sich gezeigt, dass es gut ist, Gelegenheiten beim Schopf zu packen. Beide Ziele liegen im Norden, das Gefühl sagt jedoch – heute geht es direkt zum Nordkap.

 

Von Hammerfest bis dorthin sind es rund 200 Kilometer, geschätzte Fahrzeit ohne Pausen etwa 3¼ Stunden. Da wir das Nordkap ohnehin erst spät erreichen wollen, bleibt uns genug Zeit, um die Landschaft zu genießen.

 

Bei Olderfjord verlassen wir die E6 und folgen der E69 über die Halbinsel bis zum Ziel. Die Straße ist hervorragend ausgebaut und führt zunächst entlang der Küste, dann im Wechsel über winterliche Hochebenen und wieder der Küste mit kleinen Fischerdörfern. Zum Glück sind alle Straßen geräumt, und das im Winter notwendige Kolonnenfahren mit Begleitfahrzeug ist zu dieser Jahreszeit nicht mehr erforderlich – auch wenn die Schilder noch daran erinnern.

 

Bevor wir die vorgelagerte Insel erreichen, auf dem das Nordkap liegt, geht es noch durch den fast 7 Kilometer langen Nordkaptunnel. Er führt uns 212 Meter unter den Meeresspiegel, bevor wir auf der anderen Seite wieder auftauchen.  Die gesamte Strecke ist Stand 2025 mautfrei - das war früher anders. 

 

Unterwegs sehen wir mehrere Seeadler und immer wieder Rentierherden, die sich teils direkt neben der Straße zeigen – fotogen und völlig unbeeindruckt von unserer Anwesenheit. Zum Glück haben wir ausreichend Zeitpuffer, sodass wir immer wieder anhalten können. Auf der Straße begegnen uns um diese Uhrzeit nur noch wenige Fahrzeuge.

Das Nordkap

Gegen 23 Uhr erreichen wir das Nordkap. Im Grunde ist es eine rund 307 Meter hohe Klippe, die steil in die Barentssee abfällt. Sie bildet das berühmte Plateau, auf dem sich auch das Nordkap-Monument – eine stilisierte Weltkugel aus Metall – sowie das Besucherzentrum befinden.

 

Wir trauen unseren Augen kaum: Schon von Weitem sehen wir eine große Anzahl an Campern, die dicht gedrängt auf dem Parkplatz stehen. Eigentlich ist der Parkplatz bereits voll, Vans und Wohnmobile reihen sich inzwischen in zweiter Reihe. Uns bleibt nichts anderes übrig, als uns ebenfalls dazwischenzustellen. Den Gedanken, bei diesem Traumwetter ans Nordkap zu fahren, hatten offenbar viele.

 

Wir ziehen uns um, mehrere Schichten übereinander – trotz Sonnenschein weht ein eisiger, arktischer Wind, und wir wollen längere Zeit draußen verbringen. Erst jetzt erkennen wir, dass ein großer Teil des Parkplatzes abgesperrt ist – offenbar laufen die Vorbereitungen für die Sommersaison.

 

Wir gehen hinüber zur Spitze des Plateaus, vorbei am Besucherzentrum. Die Weltkugel steht im Gegenlicht – besser hätte es kaum passen können. Das Licht, die Szenerie, der Ort – alles wirkt einfach fantastisch, und wir freuen uns über unsere Entscheidung, heute zum Nordkap gefahren zu sein.

 

Trotz des vollen Parkplatzes ist es vorne überraschend ruhig. Wir laufen über das Plateau, beobachten das Treiben und lassen uns vom Wind kräftig durchpusten. Die Zeit vergeht wie im Flug, und um Mitternacht stehen wir wieder an der Weltkugel.

 

Mittlerweile verlassen einige Fahrzeuge den Platz, und so können wir noch einmal umparken – diesmal mit direktem Blick zur Sonne. Ihren tiefsten Stand erreicht sie heute gegen 1 Uhr – und steht dabei immer noch deutlich über dem Horizont.

 

Wir genießen diesen Moment aus der Wärme unseres Vans – ein perfekter Abschluss für diesen langen, besonderen Tag.

Unsere Fahrt zur Halbinsel Varanger

 

Die nächsten Tage führen uns durch fantastische Landschaften bei überraschend schönen Wetter. Der Regen hat sich verabschiedet und die Sonne zeigt sich immer wieder von der schönsten Seite. Auch die Temperaturen steigen sprunghaft auf ca. 12-15°C. Beste Voraussetzungen, die Landschaft zu erleben.

Wir verlassen das Nordkap

Am späten Vormittag, gerade als wir losfahren wollen, ziehen die ersten tiefen Wolken über das Nordkap. Kurz darauf, auf dem Weg zum Kirkeporten, reißt der Himmel jedoch wieder auf, und die Sonne strahlt vom nahezu wolkenlosen Himmel – typisches Wetter für den hohen Norden. Die Schneelandschaft entlang der Straße beginnt bereits aufzutauen, und stellenweise schimmert das dunkle Gestein hindurch. Eine schöne Abwechslung und ein interessantes Spiel von Formen und Farben – auch für unsere Bilder.

 

Der Kirkeporten ist ein natürlicher Felstorbogen in der Nähe des kleinen Fischerdorfs Skarsvåg auf der Insel Magerøya – nur wenige Kilometer vom Nordkap entfernt. Besonders eindrucksvoll soll der Anblick zur Mitternachtssonne sein, wenn die Sonne direkt durch das Felsentor scheint. Für uns lohnt sich der Besuch aber auch so – die kurze Wanderung, wenn auch teilweise noch über Schneefelder, ist gut machbar.

 

Vom Aussichtspunkt aus hat man einen schönen Blick auf das sogenannte „Kaphorn“, einen hornförmigen Felsen, der markant aus dem Massiv des Nordkaps herausragt – auch bei Tageslicht eine sehenswerte Kulisse.

Den nächsten Abstecher machen wir zum kleinen Fischerdorf Kamøyvær. Viel ist hier wirklich nicht los – aber gerade das macht den Charme des Ortes aus. Heute, an einem Sonntagmittag, liegen alle Boote ruhig im Hafen. Die Szenerie könnte kaum stimmungsvoller sein: bunte Häuser, stilles Wasser, dahinter die kargen Hänge der Insel.

 

Wir machen ein paar Fotos, genießen die ruhige Atmosphäre – und setzen dann unsere Fahrt in Richtung Süden fort.

 

 

Immer wieder beeindrucken uns die Tierbegegnungen entlang der Strecke. Auch heute sind wieder Seeadler, Schneehühner und natürlich Rentiere mit dabei. 

 

Ein besonderes Erlebnis: Ein fast vollständig weißes Rentier überquert direkt vor uns die Straße. Glücklicherweise sind die Autofahrer hier aufmerksam und vorsichtig, sodass das Tier ungestört weiterziehen kann – gemütlich den Hang hinauf, wo es sich wieder dem Grasen widmet.

 

Auf dem Rückweg vom Nordkap legen wir eine längere Pause ein. Zum einen wollen wir die Landschaftsroute bei schönem Wetter genießen, zum anderen war die letzte Nacht recht kurz. Einer der schön angelegten Rastplätze entlang der Strecke kommt da genau richtig – perfekt für eine kleine Auszeit inmitten der nordnorwegischen Weite.

Die Landschaftsroute bis Havøysund

Die Landschaftsroute nach Havøysund (Norwegische Landschaftsroute Havøysund / Nasjonal turistveg Havøysund) gehört zu den weniger bekannten, aber landschaftlich sehr reizvollen Strecken Nordnorwegens. Sie ist etwa 67 Kilometer lang, beginnt bei Russelv an der E69 – kurz bevor wir Olderfjord erreichen – und endet im kleinen Fischerort Havøysund auf der Insel Havøya.

 

Wenn ihr eine einsame Straße entlang abwechslungsreicher und teils dramatischer Landschaften sucht, können wir euch diese Route wärmstens empfehlen. Die Landschaft unter dem Schnee können wir natürlich nicht beschreiben, aber die Küsten wirken wild-romantisch, und die abgerundeten Berge strahlen eine Offenheit und Ruhe aus, die wir hier immer wieder genießen.

 

Die teils schneebedeckte Landschaft hat zugleich den „Vorteil“, dass wir die Tierwelt leichter entdecken. Häufig suchen sie ihre Nahrung auf schneefreien Flächen oder in Straßennähe. Besonders spannend ist zu beobachten, wie sich an den ersten eisfreien Seen bereits das tierische Frühlingstreiben ankündigt. Es wirkt, als würde der Frühling sachte an die Tür der Arktis klopfen.

 

Der Ort Havøysund selbst hat uns nicht ganz überzeugt – auch wenn er wunderschön abgeschieden am Ende der Straße liegt und viel Ruhe bietet, sprang der Funke bei uns nicht über. Da wir dort auch keinen passenden Platz für die Nacht finden, kehren wir wieder ein Stück zurück.

 

Unser Parkplatz für die ruhige aber stürmische Nacht bei GoogleMaps

Die Trolle von Trollholmsund

Von unserem Übernachtungsplatz entlang der Landschaftsroute zurück von Havøysund erreichen wir am Sonntagmorgen wieder die E6 bei Olderfjord. Von hier aus geht es etwa 32 Kilometer weiter nach Osten, bis wir Kolvik erreichen. Eine kleine Nebenstraße führt uns anschließend rund 4 Kilometer ins Hinterland nach Trollholmsund.

 

An der Westseite des Porsangerfjords ragen dort merkwürdige, steinerne Gestalten aus dem Boden – Dolomitfelsen, geformt von Naturkräften, doch umrankt von einer ganz anderen Geschichte.

 

Der Legende nach wollten Trolle mit ihren Schätzen den Fjord überqueren. Doch sie kamen nicht rechtzeitig ans Ziel, bevor die Sonne aufging – und wie es Trollen nun einmal ergeht: Sie versteinerten. Heute stehen sie da, wie erstarrt in der Bewegung, und es wirkt tatsächlich so, als könnte jeder Moment einer von ihnen wieder zum Leben erwachen.

 

Ein gut begehbarer Pfad von etwa 1,4 Kilometern führt vom Parkplatz zu den Felsen. Der Weg ist nicht lang, bietet aber wunderschöne Ausblicke über den Fjord und die stille Küstenlandschaft – bis man schließlich vor der versammelten „Trollrunde“ steht, die sich aus der Erde erhebt.

 

Ein lohnenswerter Stopp, gerade weil sich die Landschaft hier so deutlich von der Hauptroute entlang der E6 unterscheidet – und weil plötzlich wieder diese besondere, arktische Stille spürbar wird. Sicherlich auch ein schöner Platz, um die Mitternachtssonne zu erleben.

 

 

Schneewaten am Silfar Canyon

Wir fahren weiter auf der E6 bis Lakselv und biegen dort auf eine fantastische Landschaftsroute ab – die Fv98. Diese Strecke können wir nur jedem empfehlen, der noch etwas Zeit übrig hat und eine außergewöhnlich schöne Landschaft erleben möchte.

 

Dort erreichen wir den Silfar Canyon, er ist bekannt für sein smaragdgrünes Wasser und die dramatisch eingeschnittenen Felswände – ein kleines Naturwunder nahe der Fv98 zwischen Børselv und Kunes. Wir hatten uns auf einen kurzen Spaziergang mit Aussicht eingestellt, doch der Winter hält sich auch hier offenbar etwas länger als gedacht.

 

Schon der angedachte Parkplatz ist wegen der geschlossenen Schneedecke nicht erreichbar. Glücklicherweise finden wir an der Fv98 eine Stelle, an der wir unseren Van sicher abstellen können. Diesmal lassen wir uns vom Schnee nicht aufhalten – es geht zum fröhlichen Schneewaten. Immer wieder sacken wir bis zu schritttief in den weichen Schnee ein, aber schließlich erreichen wir den Rand des Canyons.

 

Von hier aus haben wir einen schönen Blick auf das tosende Wasser, das sich kraftvoll durch die engen Felsen schiebt. Sogar eine Wasseramsel lässt sich blicken – sie fliegt vor uns durch die Schlucht, offenbar ebenso begeistert vom klaren Bergwasser wie wir.

 

Der sonst kurze Weg vom Parkplatz war diesmal zwar beschwerlich, hat aber auch Spaß gemacht. Unsere Wanderschuhe allerdings sind durchnässt und dürfen nun erst einmal vor die Heizung – Trocknung auf Camper-Art.

 

Gerade einmal einen Kilometer weiter - entlang der Fv98, erreichen wir einen weiteren Aussichtspunkt. Von hier lässt sich der Silfar Canyon nun von der gegenüberliegenden Seite überblicken, inklusive des Zulaufs im Tal. Die Sonne bricht gerade durch die Wolken – und wir stehen vor einem fantastischen Landschaftsbild.

 

Während wir am Canyonufer eben noch mitten im Geschehen waren, erleben wir hier oben eine beeindruckende Weitsicht auf eine traumhafte Flusslandschaft – das ist Norwegen.

 

Wir fahren weiter auf der Fv98 in Richtung Ifjord. Auf dieser gut ausgebauten Straße sind wir fast vollständig allein unterwegs und genießen es, immer wieder am Straßenrand halten zu können, ohne jemanden zu stören.

 

So entdecken wir zwei Singschwäne, die ruhig auf einem kleinen Teich entlang der Straße schwimmen. Nachdem wir die ersten Bilder gemacht haben, fallen uns noch deutlich kleinere Bewohner des Gewässers auf: Odinshühnchen – eine schöne Überraschung, denn für uns ist es die erste Sichtung, und dann gleich im Prachtkleid.

 

Nicht weniger überrascht sind wir, als wir aus dem Gebüsch einen Blaukehlchen-Gesang hören – und das kleine, farbenfrohe Männchen sogar kurz zu Gesicht bekommen.

 

Ein schöner Beweis dafür, dass die Tierwelt bereits deutlich stärker auf Frühling eingestellt ist, als es die verschneite oder noch kahle Landschaft vermuten lässt. Ein Blick in die Umgebung, ein kurzer Halt an einer Parkbucht, einfach mal horchen – das lohnt sich hier oben immer wieder.

 

Slettnes fyr - der nördlichsten Leuchtturm auf dem europäischen Festland

Bei Ifjord biegen wir nochmals links ab auf die Fv888 in Richtung Gamvik. Auf dieser Strecke gibt es – Stand Mai 2025 – zu Beginn einige Baustellen, die über Schotterpisten umfahren werden müssen. Das ist zwar etwas holprig, stellt aber kein wirkliches Problem dar.

 

Da es inzwischen schon recht spät geworden ist, steuern wir eine schöne Parkbucht mit Blick auf den Fjord an und genießen dort eine ruhige Nacht – mit weiter Aussicht, frischer Luft und der Stille des Nordens. 

 

Hinter uns liegt ein kleiner See, auf dem ein Paar Eistaucher schwimmt – ihre schönen Rufe sind immer wieder zu hören. Auch sie haben offenbar einen Platz für die Nacht gefunden. Ein stimmungsvoller Ausklang eines langen Reisetages.

Am nächsten Morgen setzen wir unsere Fahrt bei Sonnenschein auf der Fv888 in Richtung Gamvik fort. Die Straße schlängelt sich durch eine raue, weitgehend baumlose – und weiterhin winterliche – Landschaft, vorbei an kleinen Seen, Moorflächen und vereinzelten Sommerhäusern.

 

Je näher wir der Küste kommen, desto einsamer wird es. Der Wind nimmt zu, das Land wird flacher, offener – eine karge, nordische Weite. Wieder begegnen wir Rentieren, die sich gemächlich entlang die Straße bewegen und sich kaum von uns stören lassen.

 

Immer wieder wechseln sich die Täler entlang der Fjorde mit winterlichen Hochlandschaften ab, die wir über steile, teils kurvige Straßen erreichen. Die Strecke ist gut ausgebaut, aber stellenweise schmal. Eine Fahrt, die wir genießen – wir lassen uns treiben.

 

Manchmal halten wir einfach an, um die Stille in uns aufzunehmen oder die Drohne für eine Landschaftsaufnahme steigen zu lassen. Doch oft sind es die kleinen Überraschungen, die uns zum Anhalten bringen: Schneehühner, viele Goldregenpfeifer, sogar eine Spießente, die still auf dem Eis steht und aufmerksam ihre Umgebung beobachtet. Und schließlich noch ein besonderes Highlight – unser erster Sterntaucher, den wir sogar fotografieren können.

 

 

Gamvik selbst kündigt sich nicht groß an. Plötzlich steht man einfach in einem kleinen Ort am Ende der Welt – verstreute Häuser, ein Hafen, Windräder in der Ferne. Wer es still mag, ist hier richtig angekommen.

 

Von Gamvik aus ist es nur noch ein kurzes Stück bis zum Slettnes fyr – dem nördlichsten Leuchtturm auf dem europäischen Festland. Die Straße führt durch flaches Küstenland, immer dem Wind entgegen, bis sie direkt am Meer endet. Sie ist einspurig asphaltiert und somit gut befahrbar.

 

Wir stellen unser Fahrzeug ab und spazieren zum Leuchtturm. Er steht markant auf einer offenen, von Felsen und Moor durchzogenen Fläche. Rot-weiß gestrichen, ragt er 39 Meter in den Himmel – gebaut 1905, im Zweiten Weltkrieg zerstört und später wieder aufgebaut. Er ist noch vollständig erhalten und wirkt wie ein kleiner Außenposten am Rand der Welt. Der Wind ist kräftig, die Luft klar, und das Meer liegt weit und dunkel vor uns - sonst ist nichts mehr zu sehen.

Ein paar Seevögel kreisen über dem Wasser, und plötzlich fliegt ein Seeadler an der Küste entlang – und verschwindet ebenso schnell, wie er aufgetaucht ist. Für uns sehr stürmischer Tag, die Betreiberin der Anlage schwärmt jedoch von diesem ersten Sommertag hier oben. Der warme Wind kündige den Frühling an. 

 

Tipp: Der Leuchtturm wird derzeit wiederbelebt. Es entstehen einige Zimmer, die künftig gemietet werden können, und sogar ein kleines Café, das in den Sommermonaten öffnet (Stand: Mai 2025). All das gab es hier wohl schon einmal – war jedoch für einige Jahre geschlossen. Wer also hier draußen übernachten möchte, kann das entweder im Van (die Übernachtung ist erlaubt) oder in einem der Gästezimmer.

 

Nach einer langen Pause entscheiden wir uns, den Rückweg anzutreten – für die Nacht ist es uns hier doch etwas zu stürmisch.

Das letzte Stück bis Varanger

Wir fahren die komplette Landzunge zurück bis zur Hauptstraße und setzen unsere Reise noch einige Kilometer weiter in Richtung Varanger fort. Die Sonne steht uns nun im Rücken und taucht die Landschaft in ein warmes Licht – ein letztes Glühen auf den Schneefeldern, das alles noch etwas schöner erscheinen lässt.

 

Am Straßenrand entdecken wir erneut einen Seeadler, der in aller Ruhe auf einem Felsen sitzt. Ein Stück weiter finden wir ein kleines Boot, halb mit gefrorenem Wasser gefüllt – ein stilles Bild, das von der langen Dauer des Winters erzählt. Auch die Schneehühner zeigen sich wieder, diesmal auf einer geschlossenen Schneedecke – perfekte Fotomotive im Abendlicht.

 

An der sehr ruhigen Fv888 finden wir einen geräumten Parkplatz, der sich ideal für die Nacht anbietet. Nur wenige Autos fahren heute Abend noch an uns vorbei – kaum zu glauben, wie still es hier draußen ist. In der Ferne sehen wir zum Abschluss des Tages nochmals zwei Moorschneehühner, und eine Rotdrossel singt uns am späten Abend noch ein kleines Ständchen.

 

Ein friedlicher Ort – und wieder einmal ein Abend, an dem wir dankbar sind, genau hier zu sein.

 

Link zum Parkplatz an der Fv888

 

Die letzten Kilometer am nächsten Morgen führen uns hinunter ins Tal und dann entlang des Tanaelva, der ruhig durch die weite Landschaft fließt. Es ist eine entspannte Fahrt bis nach Tana Bru – dem kleinen Ort an der Brücke über den Fluss.

 

Wir sind am Tor zu Varanger angekommen.

 

Hier endet vorerst unsere Reise, denn auf dieser besonderen Halbinsel werden wir nun einige Zeit verbringen – mit offenen Augen, Kamera im Anschlag und gespannt auf das, was uns der hohe Norden noch zeigen wird. Bald geht es dann weiter in Richtung Süden. Doch jetzt freuen wir uns erst einmal auf Varanger.

 

Campingplatz in Tana bru

 

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