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Juni 2024 – Work & Travel: Vielfältig und voller unvergesslicher Eindrücke

Glücksmomente beim Gewitter
Gewitter vor dem Hide

Am 1. Juni 2024 starteten wir unsere zweite große Reise – acht Wochen voller geplanter Highlights und noch mehr spontaner Abenteuer lagen vor uns. Eine Entdeckungsreise durch vier Länder, von denen wir zwei zum ersten Mal wirklich erkundeten. Die Vielfalt, die uns in dieser Zeit begegnete – von atemberaubenden Landschaften über faszinierende Begegnungen mit Menschen bis hin zu unvergesslichen Momenten hinter der Kamera – hat uns immer wieder überrascht und begeistert. Gerne nehmen wir Euch mit auf dieser Tour.

Der Reiseüberblick

 

Aber starten wir doch erst einmal mit einem kurzen Überblick der Reise.

 

Die besuchten Länder:

- Österreich

- Ungarn

- Slovenien

- Italien

- Deutschland (zwei Durchgangsnächte)

 

Im Groben die Regionen unserer Reise mit insgesamt 59 Nächten:

- Neusiedler See & Zicksee (AT) - 6 + 3 Nächte

- Wien (AT) - 4 Nächte

- Uhudler Land (AT) -  4 Nächte

- Kiskunság (HU) - 8 Nächte

- Balaton (HU) -  6 Nächte

- Neusiedler See (HU) - 1 Nacht

- Notranjska (SI) - 8 Nächte 

- Koper (SI) - 4 Nächte

- Provinz Udine (IT) - 6 Nächte

- Provinz Venezia (IT) - 2 Nächte

- Dolomiten (IT) - 5 Nächte

- Deutschland - 2 Nächte 

Teil 1: Der Neusiedler See und der Zicksee

Endlich war es so weit. Seit Jahren staunen wir über die Bilder von Naturfotografen aus dem Gebiet rund um den Neusiedler See, die in den sozialen Medien gezeigt werden. Nun war es auch für uns an der Zeit, uns selbst ein Bild von der Landschaft und der Tierwelt zu machen.

 

Im Vorfeld haben wir einen Campingplatz am Zicksee gebucht und sind direkt - mit einer Zwischenübernachtung bei einem von uns gern besuchten Restaurant in Langenau - angereist. Den Zicksee haben wir ausgewählt, um die Ziesel fotografieren zu können, die dort direkt auf dem Campingplatz ihr Zuhause haben. Auf dem Campingplatz sind keine Hunde erlaubt, was den kleinen Nagern eine sichere und angenehme Umgebung bietet. Verhungern müssen sie dort auch nicht, da einige der Dauercamper Futter- und Wasserstellen für die Ziesel eingerichtet haben. Außerdem gibt es ja noch die Fotografen, die zahlreich an den Zicksee reisen, um die Ziesel zu fotografieren und ihre Aufmerksamkeit mit einem leckeren Happen zu erlangen.

 

Unser Platz befand sich am hinteren Ende des Campingplatzes, in einer eher ruhigen Gegend, aber immerhin in der zweiten Reihe mit Seeblick. Rückblickend hatten wir großes Glück, da der Zicksee wegen Wassermangels in den letzten Jahren überhaupt kein Wasser geführt hatte und durch den Regen im Frühjahr endlich wieder Wasser im See war. Für uns ein ganz normaler Anblick eines Sees mit geringem Wasserstand, für viele wiederkehrende Besucher jedoch etwas Besonderes.

 

Der Zicksee ist der ideale Ausgangspunkt, wenn man dem Trubel direkt am Neusiedler See entgehen möchte. Der Campingplatz bietet alles, was man braucht: Er ist sauber, es gibt einige Restaurants, Bars und eine Bäckerei/Konditorei. Wir hatten uns für eine Woche eingebucht, um die Reise langsam zu beginnen. Da wir auch noch einiges für die Arbeit zu erledigen hatten, war das für uns ein perfekter Start.

 

Wir waren mit dem Rad unterwegs. Wenn man bereit ist, ca. 7-25 km (einfach) zu fahren, kann man viele der Lacken abfahren und die Tierwelt entdecken. Für weitere Strecken hätte man den Van nutzen können, was wir jedoch nicht gemacht haben.

 

Am Zicksee selbst hatten wir einige schöne Begegnungen. Besonders der Rotschenkel, Säbelschnäbler, Kiebitz und die Weißbart-Seeschwalbe konnten wir dort beobachten und fotografieren. Aus dem benachbarten Schilf unterhielt uns lautstark der Drosselrohrsänger, einige Bienenfresser konnten wir immer wieder hören, und dann waren da noch die jungen Waldohreulen, mit denen wir überhaupt nicht gerechnet hatten.

 

Als wir anfingen, die Umgebung mit dem Rad zu erkunden, kamen noch einige weitere Arten hinzu, die wir zum Teil über viele Stunden beobachten konnten. Ein besonderes Erlebnis waren die Rotfußfalken und der Pirol. Beide Arten haben wir bis dahin noch nie so nah erlebt. Besonders die Rotfußfalken, die in Kolonien brüten, bieten eine Vielzahl von Fotomöglichkeiten. Es war jedoch nicht einfach, ein gutes Motiv zu erwischen, da man ständig nach oben fotografieren musste und sich immer wieder ein oder mehrere Äste zwischen Fotograf und Tier befanden. Dass wir dort dann auch das Pirol-Pärchen und sogar eine Waldohreule entdeckten, machte diesen Spot zum Highlight. Perfekt abgerundet wurde der Tag durch die Sichtung eines Steinkauzes in der Nähe eines Bauernhofs auf dem Rückweg zum Zicksee.

 

In diesen Tagen verbrachten wir viel Zeit direkt am Zicksee, beobachteten die Ziesel, die sich direkt um unseren Van tummelten, und entdeckten auch junge Laubfrösche als Motiv. Immer wieder fuhren wir mit den Rädern zu den benachbarten Lacken, und die Abende waren den zwei jungen Waldohreulen gewidmet. Die Ästlinge waren schon recht aktiv, aber noch standorttreu, sodass wir selbst bei Tageslicht einige Bilder machen konnten.

 

Ein rundum gelungener Einstieg in unsere Sommerreise 2024. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten: Wir sollten später nochmals für einige Tage zurückkehren. Doch dazu mehr in einem späteren Abschnitt.

Teil 2: Ungarn - eine Woche auf Bences Farm

Nach sechs Nächten am Zicksee ging es für uns direkt weiter in den Osten Ungarns, auf Bences Farm. Eine außergewöhnliche Woche lag vor uns, die alles in den Schatten stellte, was wir bisher in den wenigen Jahren der Naturfotografie erlebt hatten. Von Samstag bis Samstag verbrachten wir täglich zweimal 5-7 Stunden in einem Hide – ein Kraftakt, der uns mit unglaublich schönen Erlebnissen und Bildern belohnte.

 

Vor Ort wurden wir herzlich begrüßt und eingewiesen. Den Van konnten wir für diese Woche auf der Farm abstellen, da wir uns entschieden hatten, ein Zimmer zu buchen.

 

Rückblickend würden wir beim nächsten Mal wahrscheinlich direkt im Van übernachten und ein geteiltes Bad nutzen. Das ist aber wohl der einzige kleine Makel, den ich gleich erwähnen möchte. Unser Zimmer war zwar schön und hatte eine kleine Wasserstelle direkt vor dem Fenster, an der sich im Laufe der Woche sogar ein Nachtreiher (tagsüber!) einfand. Aber zum einen hatten wir kaum Zeit, diese Aussicht zu genießen, und zum anderen gab es kein Fensterelement, das man öffnen konnte. Die Nächte bei 17-23°C waren daher in den Zimmern weniger erholsam. In Zukunft würden wir also entweder ein anderes Zimmer buchen oder direkt im Van schlafen.

 

Abgesehen von dieser kleinen Einschränkung erlebten wir eine unglaublich schöne Woche. Am ersten Tag wurde uns ein Plan präsentiert, der jedem Teilnehmer der Woche die gleiche Chance gab, die wichtigsten Hides zu besuchen. Nichts war jedoch in Stein gemeißelt, und es war möglich, Hides zu tauschen oder kurzfristig ein noch ungenutztes Hide zu wählen.

 

Unsere Tage waren straff durchorganisiert, was auch dem hervorragenden Wetter geschuldet war. Für uns Naturfotografen bedeutet das jedoch nicht unbedingt „blauer Himmel und Sonnenschein“! Wir lieben leichte Bewölkung, gelegentliche Regenschauer und moderate Temperaturen. Wenn der Himmel wolkenlos ist, ist es vor Sonnenaufgang zu dunkel und kurz nach Sonnenaufgang zu hell. Das Zeitfenster für gute Fotos ist somit sehr klein, meist nur 1-2 Stunden (wenn man Glück hat). Das Gleiche gilt auch für den Abend. Wir hatten jedoch fast perfektes Wetter: Wolken, Sonne, Regen, Gewitter – für Abwechslung beim Licht war also gesorgt, und wir hatten die Möglichkeit, über viele Stunden hinweg zu fotografieren.

 

Unser Tag begann meist zwischen 3:30 und 5 Uhr, da wir vor Sonnenaufgang am Hide sein wollten. Gegen 11 Uhr wurden wir dann wieder abgeholt. Hoffentlich war das Erlebte perfekt auf unseren Speicherkarten festgehalten oder zumindest als wunderschöne Erinnerung im Gedächtnis verankert. Gegen 12 Uhr gab es dann ein leichtes Mittagessen unter freiem Himmel in der Gruppe und man tauschte sich über das Erlebte aus – und es gab so viel zu erzählen! Die Pause war jedoch kurz. Es blieb noch Zeit, die Bilder zu sichern und kurz zu sichten. Gegen 15-16 Uhr ging es für uns weiter in das nächste Hide. Zwischen 19 und 20 Uhr wurden wir, je nach Licht, wieder abgeholt. Gegen 21 Uhr gab es das gemeinsame Abendessen. Unter freiem Himmel war der Tisch liebevoll angerichtet und konnten wir den Tag ausklingen lassen. Die Begeisterung und der Adrenalinspiegel garantierten uns jedoch, dass wir diese sieben Tage gut überstanden und uns auch am letzten Tag noch auf das nächste Hide freuten.

 

Eine unvergessliche Woche, an die wir uns gerne zurückerinnern. Wir haben neue Bekanntschaften geschlossen, inspirierende Gespräche geführt und unbeschreiblich schöne Bilder mitgenommen. Ein herzlicher Dank geht auch nochmals an das gesamte Team auf der Farm. Vom ersten Moment an haben wir uns dort wie zu Hause gefühlt.

 

Wir haben in dieser Woche viele fantastische Bilder gemacht. So nahe an die Vögel oder Tiere im Allgemeinen heranzukommen, ist schon außergewöhnlich. Das ist nur im Tarnzelt oder eben im Hide möglich. Einzigartige Eindrücke sind möglich, aber – wie immer in der Naturfotografie – nicht garantiert. Viel ist dem Zufall überlassen. Aber die Voraussetzungen für eindrucksvolle Bilder sind durch die Hides auf alle Fälle deutlich verbessert. Allein schon die Tatsache, auf Augenhöhe mit den Wasservögeln zu sein, ohne Genickstarre zu bekommen, ist einfach nur komfortabel. Die Grundsätze der Naturfotografie ändern sich jedoch nicht! Du musst Deine Kamera kennen, das Licht einschätzen können und natürlich auch das Verhalten der Tiere etwas verstehen, die sich Dir hoffentlich zeigen.

 

Aufgrund der Vielzahl möglicher Hides stellt sich jedoch eine Herausforderung, da man die meisten Hides „nur“ einmal besucht. Man muss sich also sofort auf die neue Umgebung einstellen, diese erfassen, mögliche Szenarien durchdenken, das Licht berücksichtigen und hoffen, dass sich die Tiere so zeigen, wie man es sich wünscht. Ihr merkt schon, dass das nur manchmal klappt. Die meisten Hides konzentrieren sich jedoch auf eine Vogelart, was die Komplexität schon erheblich reduziert. Es gibt verschiedene Hides für den Wiedehopf, die Blauracke, den Falken, die Käuze und auch für die Ziesel. Abhängig von der Jahreszeit und dem Brutfortschritt unterscheiden sich natürlich die Motive, die man festhalten kann. Die meisten Hides lassen sich gut am Vormittag oder am Nachmittag besuchen, je nachdem, ob man lieber mit Rückenlicht oder Gegenlicht fotografiert. Dann gibt es noch die großen Hides. Die meisten Fotografen sind unglaublich beeindruckt von dem Szenario, das sich ihnen dort bietet. Stellt euch einen kleinen See vor, auf dem sich Nachtreiher, Silberreiher, Graureiher, Schwarzstorch und weitere Gäste gleichzeitig tummeln. Es ist überwältigend und gleichzeitig eine enorme Herausforderung, dieses Szenario interessant festzuhalten. Die Perspektive auf Wasserebene ist jedoch einzigartig und nur an wenigen Orten überhaupt möglich.

 

Meldet euch bei uns, wenn ihr Fragen zu Bences Hides habt, oder kontaktiert sie auch gerne direkt.

Teil 3: Westungarn und der Neusiedler See (Part II)

Nach den erlebnisreichen Tagen am Neusiedler See und der beeindruckenden Woche auf Bences Farm standen uns ein paar ruhigere Tage bevor … zumindest, was das Fotografieren betraf.

 

Am Morgen unserer Abreise suchten wir unser nächstes Ziel aus, riefen beim Stellplatz an und meldeten uns für den späten Nachmittag an. Nach einer unglaublich herzlichen Verabschiedung vom Team auf der Farm setzten wir unsere Reise in Richtung Westen Ungarns fort, etwa 40 km südlich des Balatons. Einerseits wollten wir wieder in Richtung Österreich – ein Besuch in Wien stand noch aus – andererseits wollten wir der angekündigten Hitze im Osten Ungarns entfliehen. Gleichzeitig hatten wir einiges zu erledigen, was sich bei der Arbeit angesammelt hatte. Daher fuhren wir zu einem sehr abgelegenen Stellplatz, der von einem englischen Paar betrieben wird – genau das Richtige für uns! Der Platz hat nur wenige Stellplätze, liegt am Rande eines Dorfes und wurde nie von mehr als einem weiteren Fahrzeug genutzt. So waren wir – fast – allein. Der Hitze des Ostens konnten wir jedoch nicht vollständig entkommen, denn auch hier lagen die Temperaturen gefühlt bei 40°C und darüber. Arbeiten, Wäsche waschen, frühmorgendliche Spaziergänge und Bildbearbeitung – das war unser „Tagesprogramm“, bevor wir nach vier Nächten wieder aufbrachen.

 

Wir entschieden uns, den Wien-Besuch um ein paar Tage zu verschieben und einen weiteren Zwischenstopp am Neusiedler See einzulegen. Er lag praktisch auf unserer Route, und wir hatten wirklich Lust, den See erneut zu besuchen. Also machten wir uns auf den Weg zum Balaton und setzten mit der Fähre auf die andere Seite über. Und dann passierte es: Während wir den Balaton überquerten, sahen wir die Seelandschaft, das Grün, die schilfbewachsenen Strandbereiche, wunderschön eingebettet in die Natur, und wir beide wussten sofort, dass wir hier einen Zwischenstopp einlegen wollten. Nichts leichter als das, wenn man nichts im Voraus gebucht hat und mit dem Van unterwegs ist. Mit der App fanden wir schnell einen Stellplatz und hatten Glück, denn zwei Tage später wäre alles für die kommenden Wochen ausgebucht gewesen. Zwei Tage, in denen wir bei weiterhin gefühlten +43°C unser Auto im Schatten parkten und – das muss ich zugeben – wenig produktiv waren. Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, im Balaton schwimmen zu gehen.

 

Nach zwei Nächten brachen wir schließlich doch in Richtung Neusiedler See auf. Zunächst wollten wir noch einen Zwischenstopp auf der ungarischen Seite des Seengebietes einlegen und fuhren nach Hegykő. Den Aufenthalt auf dem Campingplatz eines Thermalbads verkürzten wir auf eine Nacht, da wir mit dem Fahrrad fast nicht an den See gelangen konnten und unsere erste abendliche Runde mit den kleinen Klapprädern sehr mühsam war. Es gab zwar einige wenige Möglichkeiten und auch Beobachtungstürme, doch diese besuchten wir dann am nächsten Tag mit dem Van. Hier machten wir einen schönen Spaziergang und konnten dann doch einige Vögel beobachten. Nach einem guten Mittagessen verließen wir Ungarn mit vielen wunderbaren Eindrücken und Erinnerungen.

 

Unsere Tour führte uns nach Illmitz, an die südöstliche Seite des Neusiedler Sees. Hier hatten wir am Morgen einen Stellplatz für drei Nächte reserviert. Glücklicherweise hatten wir den Stellplatz auf Google Maps angesehen und wussten daher, dass wir von Häusern umgeben und durch eine Mauer von der Straße abgeschirmt sein würden. Was auf den ersten Blick vielleicht nicht besonders attraktiv klingt, war für uns genau das Richtige. Wir wussten genau, wohin wir wollten, und dieser Ort war der beste Ausgangspunkt. Unser Ziel waren die Rotfußfalken, der Pirol und ein Steinkauz. Und ich kann vorwegnehmen, dass wir unseren Aufenthalt am liebsten verlängert hätten.

 

Noch am Nachmittag nach unserer Ankunft stiegen wir aufs Fahrrad. Das Gebiet wirkt auf mich wie ein magischer Ort. Viele der Spaziergänger, die hier vorbeikommen, ahnen nicht, was ihnen entgeht, und laufen einfach an all dem vorbei, was uns so begeistert. Auf dem Weg dorthin hielten wir Ausschau nach den Haubenlerchen, die wir noch vor wenigen Wochen mit ihren Jungen beobachten konnten. Dann ging es weiter zur Brutkolonie der Rotfußfalken. Viele der Paare waren bereits ausgeflogen, aber einige Rotfußfalken waren noch mit ihrer Brut und der Fütterung der Jungtiere beschäftigt. Es war ein kurzweiliger Nachmittag, an dem wir immer wieder den Pirol um uns herum hörten und auch zwei Wiedehopfe regelmäßig vorbeischauten, um im Sand nach Futter zu graben. Die Waldohreule, die wir noch wenige Wochen zuvor gesehen hatten, blieb jedoch unsichtbar. Kurz vor Sonnenuntergang machten wir uns wieder auf den Rückweg, nicht ohne vorher beim Waldkauz vorbeizuschauen, der erneut auf einem seiner Pfosten saß. Schnell wurde uns klar, dass unsere Nähe ihm unangenehm war, und so setzten wir unsere Fahrt Richtung Stellplatz fort.

 

In den folgenden Tagen unternahmen wir regelmäßig Radtouren zum Neusiedler See, um die Lacken und die Brutplätze der Rotfußfalken zu besuchen. Innerhalb weniger Wochen hatte sich die Natur deutlich verändert. Viele der Vögel mussten nicht mehr nach Futter für ihre Jungen suchen und waren daher auch zurückgezogener. Eine schöne Abwechslung bot sich jedoch direkt am Stellplatz. Dort war ein Starenpaar eifrig damit beschäftigt, die Jungen zu füttern, und so versuchten wir immer wieder, schöne Anflugsbilder zu machen. Es ist doch entspannt, wenn man das direkt von der „Terrasse“ seines Vans aus tun kann – in einer Hand die Fernbedienung, in der anderen ein kühles Getränk.

 

Das absolute Highlight war jedoch das Pirolnest, das wir entdeckten. Es befand sich nicht weit oben in den Baumwipfeln, sondern auf Augenhöhe, tief hinter einem Busch versteckt. Wir mussten eine Weile suchen, bis wir eine Lücke fanden, die es uns erlaubte, etwa 10–15 Meter entfernt vom Nest zu stehen und dennoch das Treiben beobachten zu können. Das Weibchen verließ das Nest regelmäßig, kam nach einiger Zeit zurück und setzte sich wieder auf die Eier. Was für eine seltene Begegnung mit diesem scheuen Vogel! Wirklich schade, dass wir die Entwicklung der Brut nicht über die nächsten 2–4 Wochen verfolgen konnten. Es war eine Gelegenheit, die wir – trotz aller Freiheit als Camper – leider nicht wahrnehmen konnten (bzw. wollten). 

 

Teil 4: Wien - von der Innenstadt bis zum Friedhof

Am nächsten Morgen setzten wir unsere Reise nach Wien fort. Dabei lassen wir uns viel Zeit, machen noch einige Besorgungen und kommen am späten Nachmittag am Ziel an. Am Abend zuvor hatten wir auf der Webseite des Stellplatzes gelesen, dass eine Reservierung nicht nötig sei, da genügend Plätze verfügbar wären. Vor Ort stellte sich jedoch heraus, dass dies nicht der Fall war: Wir ergatterten einen der letzten sechs freien Plätze. Wir hatten sogar doppeltes Glück: Da wir keinen Stromanschluss benötigten, bekamen wir einen ruhigeren Platz abseits der Hauptstraße. Vier Nächte ohne Landstrom sind für uns kein Problem. Um die Gegend etwas kennen zu lernen, machten wir noch einen entspannten Spaziergang im Außenbezirk von Wien.

 

Am ersten Tag in Wien wollten wir die Ringstraße erkunden. Die U-Bahn-Station lag nur etwa 100 Meter vom Stellplatz entfernt, und mit unserem Drei-Tage-Ticket konnten wir bequem ins Zentrum fahren. In unserer Vorstellung war die Ringstraße eine ideale Möglichkeit, die Stadt kennenzulernen. Wien bietet eine App mit vielen Touren an, die sich hervorragend zur Erkundung eignet. Leider konnten wir uns jedoch nicht auf die Audiofunktion verlassen: Die App war entweder überlastet oder es gab technische Probleme. Also folgten wir der Route anhand der Karte. Eine besondere Herausforderung war der direkte Übergang von der Natur der letzten Tage und Wochen in die belebteste Straße Wiens – das war wohl eine Überforderung für unsere Sinne. Solltet ihr einmal Wien besuchen, wäre es vielleicht besser, zunächst in einem Straßencafé zu entspannen und die Umgebung auf euch wirken zu lassen, bevor ihr euch ins Getümmel stürzt. Da wir jedoch bereits unterwegs waren, setzten wir unseren Plan tapfer fort.

 

Als wir an der Wiener Staatsoper ankamen, ließen wir uns in einem der klassischen Wiener Kaffeehäuser, dem Gerstner Salons Privés nieder. Die elegante, goldverzierte Eingangshalle und die hohen Säle ließen nur erahnen, welche Persönlichkeiten hier schon gespeist hatten und welche Geschichten sich hier abgespielt haben mögen. Für uns war es eine willkommene Pause mit einem kleinen Frühstück und die perfekte Gelegenheit, unsere ersten Eindrücke von Wien zu verarbeiten. Danach setzten wir unseren Spaziergang entlang der Ringstraße fort, die von imposanten Gebäuden gesäumt ist, und schlenderten Richtung Zentrum. Nach einem leckeren Eisbecher machten wir uns mit der U-Bahn auf den Weg zum Prater. Die Verkaufsstände und Attraktionen beeindruckten uns weniger, also spazierten wir entlang des grünen Gürtels des Praters zurück in Richtung Innenstadt – eine angenehme Abwechslung nach all den Eindrücken. Wo waren plötzlich all die Menschen geblieben? Wollte hier niemand die Ruhe und den Schatten der großen Bäume genießen?

 

Auf unserer Route lag auch das Hundertwasserhaus – ein farbenfrohes, unkonventionelles Wohngebäude, entworfen vom Künstler Friedensreich Hundertwasser. Es wurde 1985 fertiggestellt und ist bekannt für seine organischen Formen, unebenen Böden, bepflanzten Dachgärten und die bunte Fassade, die keine geraden Linien kennt. Da ich selbst nur kurz nach der Fertigstellung vor Ort war, schloss sich für mich ein fast 40 Jahre alter Kreis. Ich bin mir nur nicht sicher, wem man diese fast 40 Jahre mehr ansieht.

 

Den zweiten Tag in Wien wollten wir anders gestalten. Mit dem Wunsch, auch die Tierwelt Wiens zu erkunden, machten wir uns frühmorgens auf den Weg zum Schloss Schönbrunn. Der beeindruckende Schlossgarten eignet sich ideal für Spaziergänge. Von Eichhörnchen über Spechte bis hin zu vielen Kleinvögeln gab es viel zu entdecken. Es lohnt sich, früh dort zu sein, da sich der Park schnell mit Touristen füllt. Wer gerne mit Blick auf das Schloss frühstücken möchte, kann dies in der Gloriette hervorragend tun. Das Essen ist schlicht, der Kuchen fantastisch, und die Aussicht auf Schloss und Park ist einfach grandios. Gegen 13 Uhr waren wir wieder zurück am Van, denn das nächste Abenteuer wartete am Nachmittag.

 

Einer der ungewöhnlichsten Orte, um nach Tieren zu suchen, ist ein Friedhof. Und der Wiener Zentralfriedhof bietet nicht nur eine der schönsten Begräbnisstätten, sondern auch einen besonderen Lebensraum für den Europäischen Feldhamster. Mit etwas Glück kann man die kleinen Tiere dort entdecken und fotografieren. Wir entschieden uns, die rund 20 Kilometer mit dem Rad zu fahren. Gegen 16 Uhr machten wir uns auf den Weg. Entlang eines Bachs konnten wir auf schönen Wegen durch Wien radeln. Die große Stadt wirkte plötzlich wie eine Aneinanderreihung kleiner Vororte mit idyllischen Vorgärten, Wiesen und viel Grün. Am Zentralfriedhof angekommen, wurde uns die immense Größe dieses Ortes bewusst. Der Wiener Zentralfriedhof ist einer der größten Europas und bietet die letzte Ruhestätte für rund drei Millionen Menschen. Mit seinen Ausmaßen von 2,5 auf 1,5 Kilometern bietet er aber auch einen fantastischen Lebensraum für die Tierwelt.

 

Durch eines der 16 Tore fuhren wir mit den Rädern auf den Friedhof. Ja, Fahrräder und sogar Autos sind erlaubt, doch zum Glück fahren nur wenige Autos auf dem Friedhof. Laut meiner Recherche erstreckt sich das Wegenetz im Friedhof über sagenhafte 100 Kilometer. Zum Glück gibt es immer wieder Karten und Hinweisschilder zur Orientierung. Nach einigen Kilometern entdeckten wir den ersten Feldhamster. Er suchte vor einem Grab nach Futter und verschwand blitzschnell in einem Loch im Grabstein, als er uns bemerkte. Wir stellten die Räder ab und beobachteten den scheuen Nager, der kurz darauf wieder unter dem Steindeckel hervorschaute. Jede unserer Bewegungen ließ ihn erschrecken und zurück in seinen Bau flüchten. Wir setzten uns auf den Boden, warteten geduldig und konnten den Hamster bei seinen Erkundungstouren beobachten. Da wir nicht allein auf dem Friedhof waren, wurde unsere Beobachtung immer wieder durch Radfahrer, Jogger und gelegentlich auch Autos unterbrochen, doch der Hamster kam immer wieder zurück und näherte sich uns bis auf wenige Meter – eine wunderbare Gelegenheit für einige schöne Fotos.

 

Nach einer Weile ließen wir den Hamster in Ruhe und fuhren mit dem Rad zu einem anderen Teil des Zentralfriedhofs - dem alten jüdischen Friedhof, wo angeblich viele Hamster leben. Dort entdeckten wir zwar keine weiteren Hamster, dafür aber ein Reh, das sich langsam durch die hohen Gräser zwischen den uralten Gräbern bewegte – eine magische Begegnung. Wir hatten gehört, dass man hier gelegentlich ein Reh sehen kann, aber dass wir es gleich bei unserem ersten Besuch fotografieren durften, zauberte uns ein breites Lächeln ins Gesicht. Auch wenn wir nur wenige Hamster auf unserer Erkundungstour sahen,  fuhren wir dennoch kurz vor Sonnenuntergang zufrieden mit dem Rad zurück zum Van.

 

Am dritten Tag in Wien wollten wir erneut in die Stadt fahren. Nach einem gemütlichen Start in den Tag – wenn man Arbeit als gemütlich bezeichnen darf – machten wir uns auf den Weg zum Schloss Belvedere. Ein Teil der Anlage liegt auf einem Hügel, der andere im Tal, nahe der Innenstadt. Für uns war es die perfekte Gelegenheit, mit einem Eiskaffee unsere Tour zu beginnen. Danach schlenderten wir durch die Straßen Wiens zum Naschmarkt. Dort bekommt man genau das, was der Name verspricht: Stand an Stand wird Essen und allerlei andere Dinge verkauft. An vielen Ständen kann man einkehren oder in einem kleinen Außenbereich etwas essen. Wir entschieden uns für eine Vesperplatte mit lokalen Spezialitäten und ließen den Nachmittag gemütlich ausklingen.

 

Am vierten und letzten Tag in Wien zog es uns erneut zum Zentralfriedhof. Dieses Mal wollten wir jedoch schon bei Öffnung der Tore um 7 Uhr mit dem Rad vor Ort sein. Wir erkundeten wieder für einige Stunden die Wege und konnten unseren bekannten Hamster wieder finden, sonst war es aber eher sehr ruhig. Wir genossen die Zeit im Schatten der Bäume und fuhren nach ein paar schönen Stunden wieder zurück zum Stellplatz. Der Nachmittag war der Arbeit gewidmet, nicht ohne jedoch uns die Zeit mit einem erfrischenden Eis zu versüßten.

 

Teil 5: Im Uhudler Land

Die Zeit für einen größeren Arbeitsblock war wieder gekommen. Die ideale Umgebung dafür fanden wir im Uhudler Land im Südburgenland, bekannt für seinen einzigartigen Wein, den „Uhudler“. Auf einem Bauernhof konnten wir einen von zwei Stellplätzen wählen und verbrachten dort die nächsten vier Nächte.

 

Nach diesen abwechslungsreichen ersten vier Wochen war es auch Zeit, unseren Haushalt auf Vordermann zu bringen. Wäsche waschen, gründlich putzen, etwas umräumen – all diese Dinge, die auch zu Hause anfallen, benötigen im Van jedoch etwas mehr Zeit.

 

Für Abwechslung auf dem Hof war ebenfalls gesorgt: Zunächst trafen wir auf Jonas und Emilia, zwei deutsche Radfahrer, die gerade ihre Tour nach Asien begonnen hatten und zwei Jahre unterwegs sein wollen. Es war schön, dass wir Zeit fanden, unsere Geschichten auszutauschen. Ein tolles, inspirierendes Paar, dem wir viel Spaß, Erfolg und Gesundheit auf ihrer Reise wünschen. Wenn ihr mehr über die beiden erfahren möchtet, hier ist der Link zu ihrem Instagram-Profil: https://www.instagram.com/schiebesonne/

 

Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, die lokalen Spezialitäten zu probieren. In den Uhudler muss man sich erst ein wenig hineintrinken – nicht umsonst wird er oft als Schorle getrunken. Bei Temperaturen über 30°C war er eine erfrischende Abkühlung. Die Wirtin bereitete uns zudem ein liebevolles Vesper mit vielen lokalen Köstlichkeiten zu, wie etwa einem Bohnensalat aus Käferbohnen, verfeinert mit herrlichem Kürbiskernöl, und neben vielen leckeren Aufstrichen, Käse und Schinken auch den geraspeltem Meerrettich. Überaus schmackhaft und auch jetzt noch auf unserem Speiseplan.

 

Während unseres Aufenthalts beobachteten wir immer wieder eine Neuntöter-Familie, die direkt auf der Wiese neben unserem Stellplatz lebte. Die Jungvögel wurden noch von den Eltern gefüttert und versuchten sich gleichzeitig in der Jagd. Am letzten Abend ist es uns dann auch gelungen, das Geschehen mit der Kamera festzuhalten.

Teil 6: Slowenien und die Bären

 

Der nächste große Abschnitt unserer Reise stand bevor. Wir überquerten die Grenze nach Slowenien und fuhren vorbei an Ljubljana zu einem Bauernhof in der Nähe von Cerknica. Dieser Ort diente uns als willkommener Zwischenstopp in unmittelbarer Nähe unseres nächsten Ziels – doch dazu gleich mehr.

 

Der Stellplatz auf dem einfachen Bauernhof wird gerne von Campern und Zeltern genutzt, sodass wir nicht allein auf der großen Wiese vor dem Haus waren. Eingebettet in ein kleines Tal und umgeben von Wäldern, war der Platz dennoch sehr idyllisch. Am ersten Nachmittag entschieden wir uns für eine kleine Wanderung. In der Ferne entdeckten wir einen kleinen Turm auf einem Berg und erstellten kurzerhand eine Route auf Komoot – dann ging es los. Zur Sicherheit erkundigten wir uns noch, ob es hier Bären geben könnte, was jedoch nur mit einem müden Lächeln abgetan wurde. Dabei planten wir doch nur wenige Kilometer entfernt, Bären zu fotografieren! Anscheinend wussten die Bären, dass sie hier nichts verloren haben. Die Rundtour auf den Berg war teilweise recht anstrengend, aber auch sehr schön. Wir streiften durch lichte Wälder, folgten einem Bach und erklommen schließlich über einen kleinen Pfad den Hügel. Der Rückweg führte uns entlang eines Prozessionswegs ins Tal und dann an einem anderen Bach entlang zurück zum Hof – ein perfekter Nachmittag in der Natur.

 

Am nächsten Tag erkundeten wir mit dem Rad das „Planinsko polje“, ein großes, saisonal überflutetes Karstfeld, das für seine einzigartige Flora und Fauna bekannt ist. Im Frühjahr und Herbst steht das Feld oft unter Wasser, aber im Juli hatte sich das Wasser bereits weit zurückgezogen. Dennoch erwartete uns eine faszinierende Landschaft. Die teils erhöhten Radwege führten uns immer wieder durch das Karstfeld, während wir in anderen Abschnitten über Hügel fuhren und die gesamte Fläche überblicken konnten. Auch wenn unsere Kameras bei der Tierfotografie leer ausgingen, lohnte sich die Tour allein wegen der eindrucksvollen Landschaft.

 

Am nächsten Tag setzten wir unsere Reise am frühen Nachmittag fort und fuhren gerade einmal 20km zu unserem nächsten Ziel. Vor uns lag das dritte geplante Highlight: die Beobachtung und hoffentlich auch die Fotografie von Braunbären in ihrer natürlichen Umgebung.

 

Dort angekommen hatten wir noch einen ganzen Tag Zeit, bevor es losging. Also setzten wir uns aufs Rad, um die Umgebung zu erkunden, und fuhren zu einem kleinen Schlösschen, das früher einem deutschen Industriellen gehört haben soll (so wurde uns das später erläutert). Es liegt am Ortsrand, wunderschön in den umliegenden Wald eingebettet, mit einem kleinen idyllischen See hinter dem Gebäude.

 

Am folgenden Nachmittag startete unser Bärenabenteuer. Üblicherweise organisiert sich die Gruppe und fährt mit den eigenen Autos in den Wald. Schnell wird klar, warum die Autos auf dem Parkplatz in jeder Ritze mit Sand und Staub gefüllt sind. Am ersten Tag ließen wir uns überzeugen, die Strecke mit unserem Van zu fahren: „Kein Problem, dort fahren auch LKWs“, wurde uns gesagt. Und das stimmte auch – nur kamen uns diese LKWs auf den schmalen Waldwegen entgegen. Wie viel Glück wir hatten, dass uns an diesem Tag kein Holzlaster begegnete, weiß ich nicht, denn an den Folgetagen – an denen wir glücklicherweise nicht mit unserem Van fahren mussten – passierte das regelmäßig. So fuhren wir also 20 Kilometer durch den Wald über die staubige Piste. Nach wenigen Kilometern sah unser Van genauso aus wie die Autos auf dem Parkplatz. Nun waren wir mittendrin und konnten nur noch in eine Richtung fahren: zur kroatischen Grenze.

 

Auf der slowenischen Seite der Grenze gab es eine ehemalige Futterstelle, die normalerweise von Förstern betrieben wird. Eine sogenannte Ausweichfütterung, damit die Bären nicht ins Tal oder in die Dörfer kommen. Miha und sein Team haben diese Futterstelle übernommen, Beobachtungshütten aufgebaut und das Wissen der Bären, dass es dort etwas zu frässen gibt genutzt, um Fotografen wunderbare Beobachtungen und Fotochancen zu ermöglichen. Miha hat mehrere dieser ehemaligen Futterstellen in der Umgebung in Hides für Fotografen verwandelt. Nachdem wir die abenteuerliche Fahrt zur Futterstelle überstanden hatten, ging Miha voraus, prüfte die Umgebung und begann, Maiskörner zu verteilen. Es wird darauf geachtet, dass das Futter nicht mit menschlichem Geruch in Kontakt kommt, um die Bären nicht an Menschen zu gewöhnen. Die Beobachtungshütten sind so eingerichtet, dass keine menschlichen Gerüche nach außen dringen. Wir waren somit hermetisch abgeriegelt und nur durch eine Glasscheibe mit der Außenwelt verbunden. Immer wieder drangen leise Geräusche der Bären oder ein Klicken aus der Nachbarhütte zu uns, aber ansonsten herrschte absolute Ruhe, nachdem alle Türen verschlossen waren und Miha sich zurückgezogen hatte. Nun hieß es warten. Es gab keine Garantie, dass die Bären tatsächlich erscheinen würden, aber da wir Anfang Juli hier waren, standen die Chancen gut.

 

Nach etwa einer Stunde tauchte der erste Braunbär auf. Wie aus dem Nichts stand er plötzlich am Rande der kleinen Lichtung, schaute sich nervös um und betrat langsam die „Arena“. An diesem Nachmittag erlebten wir eine Mutter mit zwei Jungen, eine weitere Mutter mit einem Jungen und noch ein einzelnes Tier. Sie tauchten aus irgendeiner Richtung auf, fraßen für 30 bis 60 Minuten und verschwanden oft genauso unspektakulär, wie sie gekommen waren. Doch es gab auch Momente, in denen die Bären nervös und zügig, manchmal sogar rennend die Futterstelle verließen. Einige Male kehrten sie nach einigen Minuten von einer anderen Seite zurück, ein anderes Mal tauchte ein anderer Bär auf, oder es blieb einfach nur die Stille des tiefen Waldes, während wir Fotografen auf die nächste Gelegenheit warteten.

 

Nach einer Weile wurden die Herausforderungen, die das Fotografieren im Wald mit sich bringt, deutlich. Die Bären sind nicht daran interessiert, gut auf Bildern auszusehen – sie konzentrieren sich auf das Futter. Ihre Köpfe sind im Unterholz vergraben, und nur gelegentlich schauen sie auf, um die Umgebung zu prüfen. Interaktionen zwischen Mutter und Jungen oder zwischen den Jungen selbst sind extrem selten. Hinzu kommt die strahlende Sonne, die zwar Licht in den sonst dunklen Wald bringt, aber das glänzende Fell der Bären schnell überstrahlt erscheinen lässt. Es wird klar, dass auch hier, wie in der Tierfotografie allgemein, das besondere Bild oft erst nach vielen Stunden, Tagen oder Wochen der Beobachtung gelingt.

 

Zwischen 19 und 20 Uhr klopfte es an der Tür unserer Beobachtungshütte, und der äußerst erfolgreiche Nachmittag bei den Bären ging zu Ende. Wir hatten sechs verschiedene Braunbären, einschließlich der Jungtiere, zum Teil wiederholt in einer Distanz von etwa 20 bis 40 Metern beobachten können. Wir erfuhren auch, wie scheu die Tiere sind: Sie vermeiden Konflikte, horchen bei jedem Geräusch auf und verlassen lieber die Szene, als sich auf eine Konfrontation einzulassen. Doch all das macht sie nicht weniger gefährlich – die Geräusche und Rufe, die wir insbesondere an den Folgetagen um die Hütten hörten, deuteten darauf hin, dass sie bei Gefahr durchaus zur Verteidigung und Konfrontation bereit sind.

 

In den folgenden Tagen besuchten wir drei verschiedene Futterstellen, darunter die erste sogar dreimal, da dort aktuell viel los war. An einer Futterstelle blieben die Bären den ganzen Nachmittag aus, obwohl dort an den Vortagen fünf Bären gesichtet wurden. So ist das in der Naturfotografie: Die Hides bieten fantastische Voraussetzungen für gute Beobachtungen und Bilder, aber alles Weitere ist dem Zufall überlassen. Doch auch an diesem Nachmittag gingen wir nicht leer aus, da wir die Gelegenheit hatten, über mehrere Stunden einen jungen Fuchs zu beobachten, der sich die Zeit vertrieb – eine willkommene Abwechslung.

 

Nach fünf Tagen voller unvergesslicher Bärenbeobachtungen war es an der Zeit, unseren Van für die Weiterreise vorzubereiten. Wir überlegten lange, wohin die Reise als Nächstes gehen sollte. Es lagen noch drei Wochen vor uns, das Wetter war stabil, und die Temperaturen lagen bei sommerlichen 28 bis 32°C. Sollten wir in den Norden fahren und dort den Nationalpark besuchen? Oder über die Grenze nach Kroatien? Vielleicht einfach an die slowenische Küste? Wir entschieden uns für die Küste und fuhren ins Hinterland, nur 10 Kilometer von Koper entfernt. Dort verbrachten wir drei Nächte auf einem Stellplatz von „Green Istria“, einer neu eröffneten, privat geführten Unterkunft mit Restaurant. Zuvor hatten wir uns noch mit Wasser und Lebensmitteln für die kommenden Tage eingedeckt, da wir uns wieder der Arbeit widmen wollten. Und erneut hatten wir das Glück, den perfekten Ort dafür gefunden zu haben. Unsere Gastgeber erwiesen sich als äußerst aufmerksam und zuvorkommend. Wir konnten im Schatten des Hauses auf einer Bank arbeiten und wurden dabei sogar mit Wasser versorgt. Natürlich probierten wir auch das Essen: zum Frühstück, am Nachmittag mit einem Tiramisu und zum Abendessen auf der Terrasse mit Blick auf den Sonnenuntergang. Morgens, wenn es noch etwas kühler war, wanderten wir zu einer etwa vier Kilometer entfernten verlassenen Ortschaft auf einem der vielen Hügel – ein netter Ort, an dem wir sogar einmal Wiedehopfe sehen konnten.

 

Diese Tage vergingen fast zu schnell, doch nachdem wir die Arbeit wieder aufgeholt und die Wäsche gewaschen hatten, wollten wir noch die Küste erkunden. Allerdings wurden die Temperaturen zunehmend drückender, und wir waren unsicher, wie die Reise weitergehen würde. Dennoch wollten wir unbedingt einen Tag in Koper verbringen, also machten wir uns auf den Weg zum wohl anspruchsvollsten Stellplatz der Reise, direkt neben der Küstenautobahn, die Kroatien mit Italien verbindet. Strahlender blauer Himmel und Temperaturen weit über 30°C waren angekündigt, daher starteten wir früh. Wir hatten die Gelegenheit, eine noch leere Stadt zu erkunden. Am Marktplatz – wenn man ihn so nennen kann – angekommen, freuten wir uns auf einen Kaffee und ein Croissant. Doch plötzlich war es soweit: Von verschiedenen Seiten strömten Reisegruppen, angeführt von Personen mit Fähnchen, auf den Platz. Ein Kreuzfahrtschiff hatte angelegt, und die Tagestouristen waren in Koper angekommen. Trotz der zunehmenden Hitze wanderten wir weiter in Richtung eines Naturschutzgebiets am Rande von Koper – eine wunderschöne Umgebung mit Beobachtungsstellen und Türmen. Wir wollten prüfen, ob es sich lohnen würde, am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang auf Motivsuche zu gehen. Das Gelände ist im Grunde frei zugänglich, allerdings gibt es Öffnungszeiten, die für uns leider zu spät waren. Nach einer Runde durch das Gebiet entschieden wir uns, am nächsten Morgen weiterzufahren, da die Jahreszeit nicht viele Motive versprach und uns die Hitze zu schaffen machte. Also ging es zurück zum Auto, wo wir uns frisch machten, bevor wir noch einmal in die Innenstadt von Koper zum Abendessen gingen.

 

Nun mussten wir eine Entscheidung treffen: Sollten wir die nächsten Tage weiter an der Küste entlangfahren und die Naturschutzgebiete auf der italienischen Seite besuchen? Aufgrund der Erfahrungen dieses Tages – der Wärme an der Küste und der wenigen Sichtungen – entschieden wir uns jedoch, den gesamten Küstenabschnitt zu überspringen und in Richtung der Berge in Italien zu fahren. Dort erwartete uns ein weiteres kleines Abenteuer.  

Teil 7: Italien - Die Welt der Geier

Früh am Morgen brechen wir von Koper auf und fahren über Triest und Udine zum Lago di Cornino, einem kleinen, malerischen See, der Teil des Naturreservats „Riserva naturale del Lago di Cornino“ ist. Das Reservat ist besonders bekannt für seine erfolgreiche Wiederansiedlung von Gänsegeiern, die dort seit den 1980er Jahren wieder heimisch sind.

 

Das Wiederansiedlungsprogramm wurde in den 1980er Jahren ins Leben gerufen, um die Population der Gänsegeier in dieser Region wieder aufzubauen und langfristig zu stabilisieren. Junge Gänsegeier aus verschiedenen Zuchtstationen und Wildparks wurden zunächst in speziell eingerichteten Volieren gehalten, um sie an ihre neue Umgebung zu gewöhnen, bevor sie in die Freiheit entlassen wurden.

 

Ein zentrales Element des Programms ist die Fütterungsstation, an denen die Geier regelmäßig Nahrung in Form von tierischen Kadavern finden, die von lokalen Landwirten und Schlachthöfen bereitgestellt werden. Dies stellt eine zuverlässige Nahrungsquelle sicher und unterstützt ihre Ansiedlung im neuen Lebensraum. Laut der Organisation, die das Projekt betreut, können hier regelmäßig etwa 150 bis 200 Gänsegeier beobachtet werden. Diese Futterquelle bleibt auch für andere Arten nicht unbemerkt – mit etwas Glück kann man auch Steinadler, Rotmilane, Bussarde und natürlich Krähen und Alpendohlen sehen.

 

Bei unserer Ankunft besuchen wir zuerst das Besucherzentrum, wo uns eine hilfsbereite junge Frau die Umgebung erklärt. Sie gibt uns wertvolle Tipps zu den besten Beobachtungsplätzen und der aktuellen Geierpopulation. Wir erfahren, dass sich derzeit weniger Geier am Futterplatz aufhalten als üblich, vermutlich aufgrund der anhaltenden Hitze, die viele Tiere nach Österreich treibt. Da die Geier oft weite Strecken zur Futterstelle zurücklegen, ist es für sie kein großer Unterschied, ob sie etwas weiter in den Norden fliegen.

 

Am ersten Tag können wir zwar einige Geier aus der Ferne beobachten, kommen jedoch zu spät an, um die Vögel an der Futterstelle zu sehen. Stattdessen unternehmen wir einen schönen Spaziergang um den Lago di Cornino, parken unseren Van auf dem Busparkplatz etwas abseits der Straße und genießen ein ausgiebiges zweites Frühstück. Am späten Nachmittag machen wir noch einen Abstecher zum Tagliamento, dessen enormes Flussbett aus Kies und Geröll von kleinen Wasserläufen mit kaltem, kristallklarem Wasser durchzogen ist. Wir hatten vorgesorgt und schon unsere Badesachen angezogen. Nach einem Spaziergang entlang und durch die Wasserläufe springen wir schließlich an einer geeigneten Stelle ins erfrischende Wasser und lassen uns mit der Strömung treiben – einfach herrlich.

 

Am nächsten Morgen sind wir bereits um 6:30 Uhr an der Futterstelle, um kein Risiko einzugehen. Doch die Geier sind uns schon voraus: Sie sitzen in großer Zahl rund um die Futterstelle, ein beeindruckender Anblick, selbst aus der Entfernung des Beobachtungspunkts an der Straße. Mit unseren Objektiven von 600 bis 1200 mm sind die mächtigen Tiere noch immer klein im Bild, aber zum Glück fliegen sie immer wieder in die umliegenden Bäume oder Felswände. Bis 10:30 Uhr sind die Gänsegeier recht aktiv, dann verabschiedet sich einer nach dem anderen in die Höhe und verschwindet über den Bergen. Wir konnten einige schöne Porträts und Flugbilder einfangen und besuchen noch kurz das Infozentrum, bevor wir zum Frühstück zurückkehren.

 

Am Nachmittag erledigen wir einige Besorgungen und fahren in die umliegenden Berge nach Monteprat, wo wir eine Nacht verbringen wollen. Unser Ziel ist es, die Geier am nächsten Morgen von oben zu beobachten. Um sicherzustellen, dass wir den besten Aussichtspunkt finden, erkunden wir die Gegend mit dem Rad. Schnell merken wir jedoch, dass es dabei fast 200 steile Höhenmeter bergab geht – mit unseren kleinen Falträdern eine echte Herausforderung. Die Bremsen kommen beim Abfahren an ihre Grenzen, und so auch wir bei der Bergauffahrt . Also brechen wir die Erkundungstour ab und kehren zum Auto zurück. Dennoch entscheiden wir uns, am nächsten Morgen den Aussichtspunkt erneut zu suchen.

 

Gegen 5 Uhr sitzen wir wieder auf den Rädern und fahren den Berg zum vermeintlichen Aussichtspunkt hinunter, den uns die Mitarbeiterin des Infozentrums skizziert hatte. Nach einer Weile suchen wir zu Fuß weiter, steigen 100 Höhenmeter ab, nur um dann alles wieder hochzuklettern, bis wir endlich den Aussichtspunkt auf einem kleinen Pfad entdecken. Vor uns erstreckt sich das wunderschöne Tal, und nach kurzer Wartezeit sehen wir die ersten Gänsegeier in der Ferne zur Futterstelle fliegen. Zwischen 9 und 10 Uhr herrscht wieder Aufbruchsstimmung bei den Geiern, und wir haben das Glück, einige von ihnen auf Augenhöhe beim Kreisen zu beobachten. Der Rückweg mit dem Rad ist genauso anstrengend wie erwartet, aber die schönen Erlebnisse machen die Mühe mehr als wett.

 

Den Nachmittag verbringen wir in Monteprat, und nach einem Abendessen bei unserer herzlichen Gastgeberin fahren wir zurück ins Tal. Am nächsten Morgen wollen wir den Anflug der Geier nicht verpassen und laufen gegen 5:30 Uhr zu unserem Beobachtungspunkt. Wir sind pünktlich, doch die Geier lassen sich heute nicht blicken. Sie sitzen weit oben an den Hängen, zu weit entfernt für gute Fotos. Gegen 9 Uhr kommt dann Bewegung ins Spiel, als ein Laster langsam zur Futterstelle rollt und eine Ladung Kadaver ablädt. Etwa 30 Minuten später gleiten die ersten Geier ins Tal und besetzen die Futterstelle. Doch heute sind es nochmals deutlich weniger Vögel. 

 

Für uns neigt sich die Zeit hier dem Ende zu. Wir springen noch einmal in den Fluss und genießen die Erfrischung, bevor wir weiterfahren. Die Tage am Lago di Cornino waren spannend und voller schöner Erlebnisse. Den Tipp für diesen Ort haben wir übrigens von einem Fotografen erhalten, den wir auf einer Radtour in Österreich getroffen haben – vielen Dank dafür!

 

Unsere Reise führt uns weiter entlang des Torrente Arzino in Richtung San Francesco, wo wir direkt am Fluss einen wunderschönen Platz für die Nacht finden. Zeit, einen Gang zurückzuschalten und einfach die Zeit am und im Wasser zu genießen. Am nächsten Nachmittag fahren wir über die Passtraße nach Chiaicis und verbringen nach einem ausgedehnten Abendspaziergang die Nacht direkt am See. Die Route durch die Berge führt uns dann nach Ovaro. Es ist wieder Zeit für einen Campingplatz mit Infrastruktur zum Wäschewaschen. Am Nachmittag bietet sich noch die Möglichkeit für eine ausgiebige Wanderung entlang des Tals. Müde von der langen Tour gehen wir zum Restaurant direkt am Campingplatz und lassen uns mit einem guten Essen verwöhnen.

 

Die letzte Etappe, bevor wir Treviso erreichen, führt uns über eine fantastische Bergstraße in den Dolomiten. Auf 1796 Höhenmetern machen wir eine kurze Pause, genießen den beeindruckenden Ausblick und das Bergpanorama bei einem Espresso. Weiter geht es bis nach Provagna, wo wir einen Picknickplatz direkt am Fluss finden. Es sollte das letzte Mal auf dieser Reise sein, dass wir das erfrischende Wasser der Berge genießen. Doch darüber machen wir uns in diesem Moment keine Gedanken. Wir haben Spaß an unserem kleinen Abenteuer. Am frühen Abend ziehen dunkle Wolken über den Bergen auf, und bald erreicht uns ein kräftiges Gewitter. Dennoch verbringen wir eine ruhige Nacht und fahren am nächsten Morgen weiter ins Tal.

 

Teil 8: Italien - Treviso und Venedig

Schon bald erreichen wir Treviso und finden einen sehr guten Stellplatz, direkt in der Nähe der Innenstadt. Dieser Tipp kam von einem deutschen Pärchen, das wir in Wien getroffen hatten. Sie bezeichneten Treviso als „Klein-Venedig“. Da ich Venedig bis dahin noch nicht besucht hatte, konnte ich den Vergleich erst später beurteilen – und er hinkt ein wenig. Dennoch ist Treviso absolut sehenswert. Die Altstadt, eingerahmt von einer Stadtmauer, wird von Wasserläufen durchzogen und umschlossen. Überall gibt es grüne Oasen für kleine Pausen sowie zahlreiche Restaurants und Bars entlang der Wasserläufe. Wir beginnen unseren Tag in einem Restaurant am Wasser und genießen die Atmosphäre bei einem kleinen Imbiss.

 

Wir folgen einer Route durch die Stadt, die wir online gefunden haben, und entdecken so viele historische Gebäude und schöne Plätze. Beeindruckend ist die geringe Anzahl an Touristen. Egal ob auf den Straßen oder in den Bars, die „natürliche“ Atmosphäre ist noch intakt. Natürlich gibt es auch Ecken, an denen sich die Touristen sammeln – besonders in dem Restaurant, in dem das moderne Tiramisu erfunden wurde. Die Empfehlung von uns: Es gibt einige Restaurants mit sehr gutem Tiramisu, darunter auch solche, die in jährlichen Wettbewerben prämiert wurden.

 

Nach unserem Stadtrundgang kehren wir zum Van zurück, um eine kleine Pause einzulegen, bevor es zum Bahnhof geht, der etwa 30 Minuten zu Fuß entfernt liegt. Wir kaufen schnell unsere Tickets und sitzen nur wenige Minuten später im Zug nach Venedig. So bequem hatte ich mir den Besuch in Venedig nicht vorgestellt. Nach etwa 45 Minuten erreichen wir den Bahnhof und stehen gegen 16 Uhr plötzlich „mitten“ in Venedig.

 

Obwohl die Stadt noch voller Touristen ist, versprüht Venedig dennoch einen einzigartigen Charme. Wir verbringen den Nachmittag und Abend damit, durch die magischen Gassen zu schlendern, Gasse um Gasse, über Brücken und unendlichen Abzweigungen. Wie lange man wohl braucht, um sich hier ohne Navigation zurechtzufinden? Schließlich erreichen wir den Canal Grande und die Rialtobrücke, von dort geht es weiter zum Markusplatz mit dem Markusdom. Plötzlich verdunkelt sich der Himmel, und wir rechnen mit einem Gewitter – doch mehr als ein paar Regentropfen werden es nicht. Weiter geht es in den Stadtteil Cannaregio, zum Campo del Ghetto und zur Seufzerbrücke. Langsam werden die Touristen weniger, auch wenn die Stadt noch bis in die Nacht hinein belebt bleibt. Wir sind nicht die einzigen, die diese Abendstimmung in Venedig genießen wollen. Zufrieden und mit vielen schönen Eindrücken und einigen tollen Bildern fahren wir in der Nacht zurück nach Treviso. Doch eines ist klar: Diese Stadt wollen wir auch bei Tagesanbruch erkunden.

 

Der nächste Tag ist jedoch zunächst Treviso gewidmet. Am Morgen spazieren wir über die begrünte Stadtmauer bis auf die andere Seite der Altstadt und schlendern dann langsam wieder zurück. Am Nachmittag steht noch ein Besuch beim Barbier an, und nach dem wohl besten Kurzhaarschnitt unserer bisherigen Reisen geht es am frühen Abend langsam zurück zum Van. Nicht jedoch ohne vorher am Bahnhof vorbeizuschauen, um erneut Zugtickets nach Venedig zu kaufen.

 

Um 4:53 Uhr sitzen wir wieder im Zug, denn wir wollen Venedig bei Sonnenaufgang um 5:37 Uhr erleben. Es wird knapp, einen früheren Zug gibt es jedoch nicht. Die Eindrücke, die uns in Venedig geboten werden, sind gemischt: Zunächst wird einem bewusst, wie viel Müll die Touristen jeden Tag hinterlassen und wie viele fleißige Menschen frühmorgens damit beschäftigt sind, diesen Müll zu beseitigen. Trotzdem erleben wir einen wunderschönen Sonnenaufgang, den wir allerdings nicht festhalten können, da wir keinen geeigneten Platz dafür finden. Aber das weiche Licht der aufgehenden Sonne erfüllt langsam die Gassen und verzaubert die Stadt. Zunächst sind wir noch fast alleine mit den fleißigen Stadtangestellten und den Lieferanten. Die Restaurants werden über die Kanäle mit Nachschub versorgt, der dann über spezielle Karren durch die Gassen gebracht wird. Früh am Morgen trifft man viele Bewohner der Stadt, die sich gut gelaunt grüßen – es scheint, als kenne jeder jeden.

 

Langsam füllen sich die Gassen mit den ersten Touristen und wir machen uns auf den Rückweg zum Bahnhof, nicht jedoch ohne einen Zwischenstopp in einem gerade geöffneten Café einzulegen. Wir starten mit Espresso und Croissant und schließen mit einem süßen Stück ab – was für ein Start in den Tag! Zufrieden sitzen wir im Zug zurück nach Treviso und lassen diesen Morgen in Gedanken Revue passieren.

 

Zurück in Treviso machen wir den Van startklar, denn der Stadtparkplatz ist auf 48 Stunden beschränkt und das nächste Abenteuer wartet schon auf uns.

Teil 9: Italien - Die Dolomiten mit den den Drei Zinnen

Eigentlich wollten wir nochmals die Naturschutzgebiete im Tal am Rande der Alpen erkunden, aber die zunehmende Hitze ließ uns schnell den Plan ändern. Mit jedem Grad stieg unsere Sehnsucht nach den Bergen. Nach einer erfolglosen Suche nach einem Stellplatz im Tal beschlossen wir, in Richtung Dolomiten zu fahren. Da es bereits spät am Nachmittag war, legten wir einen Zwischenstopp bei Giaroni auf einem Picknickplatz entlang der Bergstraße ein. Wegen der Nähe zur Straße und dem vielen LKW-Verkehr hatten wir eine unruhige Nacht und waren froh, am nächsten Morgen weiterfahren zu können.

 

In Calalzo di Cadore angekommen, führte uns eine schmale Straße bergauf. Glücklicherweise kam uns kein Auto entgegen, und nach etwa 5 Kilometern erreichten wir den Parkplatz eines Restaurants mitten in den Bergen. Um uns herum parkten die Autos von Wanderern, die schon längst in die Berge aufgebrochen waren, sowie einige Militärfahrzeuge. Bevor wir unsere eigene Wanderung starteten, gönnten wir uns ein Mittagessen. Dann ging es los zum Rifugio Capanna Degli Alpini. Der steinige Weg führte uns zeitweise durch schöne Waldstücke, wo wir Vögel zwitschern hörten und Schwanzmeisen sowie Haubenmeisen sahen, die sich jedoch partout nicht fotografieren lassen wollten. Am Rifugio angekommen, wanderten wir noch ein Stück weiter in eine Schlucht, bis der Weg in einen Klettersteig überging. Nach einer kurzen Pause machten wir uns auf den Rückweg. Plötzlich lief uns einer der Soldaten, denen wir im Rifugio begegnet waren, hinterher und warnte uns, dass um 17 Uhr ein Manöver beginnen würde. Es gäbe aber keinen Grund zur Sorge, es würden nur Platzpatronen und Knallkörper verwendet. Keine 30 Minuten später fielen die ersten "Schüsse". Die Salven hallten von allen Seiten wider, begleitet von den Rufen der Soldaten – ein surrealer Moment. Nach einem ruhigen Abend beschlossen wir, ins Tal zurückzukehren und dort zu übernachten.

 

Unser nächstes Ziel war der Parkplatz an der Talstation bei Cortina d'Ampezzo, den wir über eine wunderschöne Bergstraße erreichten. Der Parkplatz war groß und bot Platz für viele Camper und Wanderer. Am Nachmittag wanderten wir über einen Skihang und entlang kleiner Pfade den Berg hinauf zum Rifugio Son Forca, um dann mit dem Sessellift wieder ins Tal zu fahren. Es war vielleicht nicht die spektakulärste Wanderung, aber auf die Schnelle fanden wir keine bessere Route.

 

Am nächsten Morgen brachen wir um 6 Uhr auf, um früh an der Mautstelle zur Auffahrt zu den Drei Zinnen zu sein. Mit nur sechs Autos vor uns ging es dann steil den Berg hinauf. Unser Van kämpfte sich im zweiten Gang bis auf 2533 Meter Höhe und kam schließlich keuchend auf einem der letzten freien Plätze zum Stehen. Die Sonne ging gerade auf, und wir versuchten, das atemberaubende Schauspiel mit unseren Kameras festzuhalten – der Ausblick war einfach grandios.

 

Nach dem Frühstück machten wir uns gegen 8 Uhr auf die Runde um die Drei Zinnen. Gemeinsam mit vielen anderen Wanderern starteten wir entlang der Südseite der Drei Zinnen entgegen dem Uhrzeigersinn. An der Lavaredo-Hütte angekommen, verschwanden die Berggipfel plötzlich in dichten Wolken. Doch als kurz darauf die Sonne über die östlichen Bergspitzen strahlte, lösten sich die Wolken schnell auf, und das gesamte Panorama der Drei Zinnen breitete sich vor uns aus – wir kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. An der Dreizinnenhütte machten wir einen Abstecher zu den Laghi dai Piani und legten anschließend eine ausgiebige Pause am Rifugio ein. Wir wollten unbedingt die Alpendohlen vor dem Bergpanorama fotografieren, was uns auch gelang. Der Rückweg zum Van war aufgrund der vielen Höhenmeter und der zahlreichen Wanderer anspruchsvoller.

 

Während der Wanderung beschlossen wir, die Nacht in den Bergen zu verbringen und die Runde am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang noch einmal zu laufen. Gesagt, getan – nach einem ruhigen Abend und etwas Regen in der Nacht waren wir um kurz nach 5 Uhr wieder unterwegs. Diese Runde war noch eindrucksvoller als die am Vortag. Die Dunkelheit zu Beginn der Tour, das warme Licht der aufgehenden Sonne, das langsam die Berge anstrahlte und die langen Schatten kürzer werden ließ – ein einmaliges Erlebnis. Nur wenige Wanderer waren so früh unterwegs, und so konnten wir unser eigenes Tempo bestimmen und in Ruhe nach Fotomotiven Ausschau halten. An der Hütte Malga Grava Longa machten wir eine ausgiebige Vesperpause, bevor es wieder den Berg hinaufging. Auf den letzten Metern hörten wir die Warnrufe der Murmeltiere. Wir versuchten, uns vorsichtig zu nähern, und konnten eine Handvoll dieser Tiere eine Weile beobachten – ein schöner Abschluss dieser Morgenrunde.

 

Nun war die Zeit für die Rückreise gekommen, jedoch hätten wir die Reise nicht besser abschließen können. Die Drei Zinnen haben uns zwei unvergesslich schöne Tage geschenkt. Zufrieden machten wir uns mit dem Van auf den Weg zurück nach Deutschland.

 

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